Dämonen und Heil
Auf Grundlage der Beobachtungen und Forschungsergebnisse, welche die Vorläuferprojekte „Heil und Heilung“ und „Körper und Heil“ über die Transformationen im Bereich des Heilschlafs, der sog. „Inkubation“, sowie von Körperpraktiken und -techniken in Medizin, Philosophie und Religion der (Spät-)Antike machen und sammeln konnten, wendet sich das neue Projekt „Dämonen und Heil“ in der aktuellen Förderperiode nun verstärkt dem Bereich der Psyche zu – waren doch für viele spätantike Autoren die Dämonen in gewisser Weise äußere Manifestationen negativer seelischer Aspekte.
In dem Projekt soll mit Hilfe des methodischen wie terminologischen Instrumentariums des SFB 644 näher untersucht werden, welche Transformationen antiker Vorstellungen von Dämonen es in der Spätantike gegeben hat, welche Dämonologien ursprünglich paganer wie jüdisch-christlicher Provenienz die Vorstellungen von Dämonen im christlichen Mönchtum geprägt haben und welche antiken bzw. spätantiken Vorstellungen vom Ich, vom Bösen bzw. Anderen sowie von Gesundheit und Krankheit in ihnen zum Tragen kommen. Dabei soll überprüft werden, ob es im Zusammenhang mit diesen Transformationen Verschiebungen von Leitdifferenzen bzw. binären Codes gegeben hat, beispielsweise bei dem, was innerhalb einer dualistischen Konzeption als Ich und Anderes, als Gut und Böse, als Gesundheit und Krankheit, aber auch als Körper und Psyche bewertet wurde.
Das Unterprojekt 1 will sich im Wesentlichen dem transformativen Einfluss hellenistischer und paganer kaiserzeitlicher Vorstellungen von Dämonen auf das Christentum widmen. Obwohl im Christentum den bösen Dämonen ein anderer ontologischer Status zukommt als in der paganen Antike, lassen sich doch Parallelen in Bezug auf die Vorstellung von ihrer Wirkung auf Natur und Mensch finden. Im Unterprojekt 1 sollen daher weniger die philosophischen bzw. theologischen Konzeptionen, in denen die jeweiligen Dämonologien verortet sind, betrachtet werden, vielmehr soll untersucht werden, welche Personifikationen welcher Ängste und welcher Befindlichkeiten mittels Dämonen vorgenommen und wie diese im jeweils paganen und christlichen Kontext literarisiert werden. Waren Ähnlichkeiten kontingent oder hat es Transformationen gegeben? In einem weiteren Schritt werden die Dämonenvorstellungen des frühen Christentums denen von Heiligen und Engeln, v.a. in ihrer jeweiligen Mittlerstellung zwischen Mensch und Gott bzw. Teufel, gegenübergestellt: Sind die Dämonen „die Heiligen bzw. Engel des Teufels“?
Im Zentrum des Unterprojekts 2 steht die Auseinandersetzung mit dem Dämonenverständnis des lateinischen Westens, ein Desiderat der Forschung. Westliche Dämonologien sind nicht einfach schlichte Transformationen östlicher, vielmehr liegen auch separate Transformationen pagan-antiken sowie biblischen und zwischentestamentlichen Materials vor, die ebenfalls in den Blick genommen werden sollen. Da Autoren wie Augustinus, Cassian und Martianus Capella mittelalterliche Vorstellungen maßgeblich beeinflusst haben, markiert dieses Unterprojekt eine Brücke zur Mediävistik, in deren Rahmen bereits ausführlicher über Dämonen geforscht wurde. Außerdem soll der magische bzw. medizinische Hintergrund der Vorstellung vom Dämonenbefall untersucht werden. Welche Vorstellungen von Gesundheit und Krankheit werden im jeweiligen Kontext transportiert und basieren diese Vorstellungen auf medizinischen Vorannahmen, die dem Stand der zeitgenössischen wissenschaftlichen Medizin oder bestimmten anderen Konzepten von Heilung entsprachen? Hier soll es – unter Nutzung von Ergebnissen der zweiten Förderphase – insbesondere um die Untersuchung von Praktiken der Dämonen und antidämonischen Handelns gehen. Das Material verspricht reiche Erträge: Nach christlichen spätantiken Vorstellungen ermöglicht ihre feine Substanz den Dämonen, in Körper und Geist der Menschen einzudringen, wo sie Träume bewirken oder Krankheit und Besessenheit hervorbringen können.
Projektverantwortung
Christoph Markschies
Projektdauer
01/2013–12/2016
Projektträger
DFG
Mitarbeitende
Eva Elm
Anna Rack-Teuteberg
Katharina Scherer
Janine Brückner
Kontakt
Sitz des Lehrstuhls
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