Antike christliche Apokryphen


Allgemeines

Am Lehrstuhl wird die Neuausgabe der ebenso traditionsreichen wie umfassenden Sammlung der antiken christlichen Apokryphen vorbereitet. Das sind (so die Definition von Christoph Markschies, die in der Neuauflage vorgestellt und erläutert wird) solche antiken jüdischen oder christlichen Schriften, die die Form kanonisch gewordener biblischer Schriften aufweisen oder Geschichten über Figuren kanonisch gewordener biblischer Schriften erzählen oder Worte solcher Figuren überliefern oder von einer biblischen Figur verfasst sein wollen. Sie sind nicht kanonisch geworden, sollten dies aber teilweise auch gar nicht. Teilweise waren sie auch ein genuiner Ausdruck mehrheitskirchlichen religiösen Lebens und haben oft Theologie wie bildende Kunst tief beeinflusst.

Edgar Hennecke (1865-1951) 

Der bei Adolf von Harnack in Berlin ausgebildete niedersächsische Landpfarrer Edgar Hennecke legte im Jahre 1904 im Verlag Mohr-Siebeck in Tübingen eine Ausgabe der "Neutestamentlichen Apokryphen" vor, die für ein gebildetes Laienpublikum die apokryphen Texte in einer ebenso preiswerten wie zuverlässigen Ausgabe bieten sollte. Er ergänzte sein Werk nicht nur durch ein kommentierendes Handbuch, sondern betreute das Werk auch noch in einer zweiten erheblich veränderten Auflage. Dann übergab er gegen Ende seines Lebens die Herausgeberschaft (und einen Teil seiner einschlägigen Bibliothek) dem frisch habilitierten Göttinger Privatdozenten Wilhelm Schneemelcher.

Wilhelm Schneemelcher (1914-2003)

Schneemelcher, dessen Eltern eng mit Harnack befreundet waren und der bei Harnacks Nachfolger Hans Lietzmann ausgebildet wurde, veränderte in vier Auflagen das Werk stark und fügte beispielsweise die neuen gnostischen Texte aus Nag Hammadi ein, behielt aber die formgeschichtliche Orientierung bewusst bei. Nach seiner Emeritierung übergab er die Herausgeberschaft (und einen Teil der einschlägigen Bibliothek) an den frisch habilitierten Tübinger Privatdozenten Christoph Markschies. In die Herausgeberschaft trat während dessen Präsidentschaft an der Humboldt-Universität sein Berliner Kollege Jens Schröter ein.

Christoph Markschies und Jens Schröter

Im Jahre 2012 erschienen nach langer Vorbereitungszeit die ersten beiden Halbbände des ersten Bandes ("Evangelien und Verwandtes") in siebenter Auflage mit modifiziertem Titel ("Antike Christliche Apokryphen") und weitgehend erneuertem sowie ergänztem Inhalt. Die traditionsreiche formgeschichtliche Orientierung wurde auf Bitten Schneemelchers beibehalten. In dem Werk finden sich allerlei erstmals ins Deutsche übersetzte Texte; es erscheint seit über hundert Jahren weiter im Verlag Mohr-Siebeck.

In den kommenden Jahren werden zunächst der dritte Band ("Apokalypsen und Verwandtes"), dann der zweite ("Apostelakten, Biographien und Verwandtes") herausgegeben werden. Eine englische Parallelausgabe ist in Planung.