Christianisierung des öffentlichen Raumes


Für antike Kultur und Zivilisation spielte der öffentliche Raum – Tempel, Foren, Ladenstraßen, Dorfplätze – eine schlechterdings zentrale Rolle. Strukturen gesellschaftlicher und politischer Organisation bildeten sich in Ordnungen des öffentlichen Raumes ab. Vor diesem Hintergrund kann man die Geschichte der Ausbreitung des Christentums in der Antike auch als „Christianisierung des öffentlichen Raumes“ im Rahmen einer zunehmend erfolgreicheren Konkurrenz der neuen Religion mit älteren Kulten und zivilen Organisationsformen um Öffentlichkeit beschreiben. Schließlich organisierte sich das antike Christentum in Anlehnung an bestehende religiöse wie zivile Organisationsformen, teilweise nach regional spezifischen, teilweise nach überregionalen Modellen. Die übergeordnete Fragestellung ist, mit welchen Mitteln – Theorien, Mentalitäten, Ritualen, Baulichkeiten – das Christentum seinen Anspruch auf den öffentlichen Raum dokumentierte und sich erfolgreich in der Konkurrenz mit anderen bewährte, die Unterprojekte gehen der Fragestellung nach, welche Bedeutung der jeweilige kultur- und verwaltungsräumliche Kontext von Öffentlichkeit für die Ausbildung des Christentums in den einzelnen Regionen hatte.

Einige Leitfragen sind: Welche Mechanismen entwickelt das Christentum, um den öffentlichen Raum als christlichen Raum zu gestalten und welche Strategien setzte es ein, um sich im öffentlichen Raum zu präsentieren? Staatliche Ordnungskonzepte wie Festkalender und Festrituale, Marktregularien und Vereinssatzungen, Bauplanungen für den öffentlichen Raum, Grenzziehungen auf verschiedensten Ebenen, weitere Rechtsformen und administrative Organisationsstrukturen dienen dabei in unterschiedlichem Grad als Vorbild und werden von Christen transformiert. Dabei wird das Verhältnis sich entwickelnder regionaler Identitäten einerseits und überregionaler Einheitsbemühungen andererseits besonders beleuchtet.
Von besonderem Interesse ist die spezifische kaiserzeitliche Konkurrenzsituation verschiedener Christentümer (wie der montanistischen oder manichäischen Sonderkirche) und der paganen Kultur im öffentlichen Raum; Fragen der Rechtsgeschichte soll besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.

Am „Lehrstuhl für Antikes Christentum“ werden im Rahmen des Clusters „Topoi“ diese Fragestellungen zunächst schwerpunktmäßig für bestimmte modellhafte Regionen im römischen Reich erforscht, nämlich Pannonia superior und inferior, Dalmatia, Phrygia, die spanischen Provinzen und die antike Großstadt Antiochia. Folgende Einzelprojekte sind in Arbeit:

  • Jan Bobbe – The impact of visigothic legislation on the church after 589 in the Iberian Peninsula
  • Henrik Hildebrandt – Urban and rural Christianity – Religious transformations in late antique Pannonia and Dalmatia
  • Tomas Lehmann – Aquileia as a pivot of late antique Christianity
  • Christoph Markschies – Montanism and Christianity – competition for the public in Phrygia
  • Frauke Krautheim – The public appearance of Christianity in late antique Antioch

Das Projekt arbeitet dabei eng mit den anderen Projekten in der Aera B und weiteren Unternehmungen des Exzellenzclusters “Topoi” zusammen.



Projektverantwrotung
Christoph Markschies

Projektbeginn
01.11.2007

Projektträger
DFG

Organisation
Sarah-Magdalena Kingreen
Frauke Krautheim

Link
TOPOI